
Stippvisite im Zwergenreich
Zwerge gelten in den Mythen der Germanen und den Märchen des Mittelalters als tüchtige Handwerker und Bergleute, die in unterirdischen Höhlen und Gängen Metalle abbauen und daraus Werkzeug, Waffen oder kostbarste Kleinode schmieden. Mit ein wenig Phantasie kann man sich an einem nebeligen Tag im Spätherbst gut vorstellen, dass sie in grauer Vorzeit auch in den Bleikuhlen bei Blankenrode tätig waren und dort nach begehrten Metallen wie Silber geschürft haben. Ein schönes Märchen – ganz im Geiste der Brüder Grimm!
Realität ist, dass bei Blankenrode über viele Jahrhunderte Bleierze und in einer letzten Abbauperiodeauch Zinkerz, der sogenannte Galmei, gefördert wurden. Als Zeugnis des ehemaligen Bergbaus haben sich bis heute eine eindrucksvolle, etwa 500 m lange Grube und ausgedehnte Abraumhalden erhalten.
Leben auf der Halde
Während Zwerge ins Reich der Märchen gehören, ist die Vegetation in Halde und Kuhle tatsächlich von zwergenhaftem Wuchs. Gehölze findet man kaum, die Krautschicht ist niedrig und lückenhaft. Grund hierfür ist der hohe Schwermetallgehalt des Bodens im Bereich der Grube. Blei und Zink sind als Spurenelemente für die Pflanzen unentbehrlich, in höheren Konzentrationen jedoch giftig. Spezielle Anpassungen sind notwendig um diesen lebensfeindlichen Bereich zu besiedeln. Da die Abwehrmechanismen jedoch aufwändig und energiefressend sind, weisen diese Pflanzen einen nur zwergenhaften Wuchs auf und bilden zudem keine geschlossene Vegetationsdecke aus. Natürlicherweise kommen diese Spezialisten nur lokal im Bereich oberflächig ausstreichender Erzadern vor. Heute finden sie sich vor allem auf den Abraumhalden ehemaliger Bergwerke. Die Seltenheit und das Vorkommen hochspezialisierter Pflanzen- und Flechtenarten sind der Grund, weshalb die Schwermetallrasen der Bleikuhlen bei Blankenrode unter europaweitem Schutz stehen.